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0. Einleitung
Das Verhalten von Menschen in einer Diktatur, und vor allem
die spätere Beurteilung dieses Handelns sind heute in
Deutschland wieder aktuell geworden. Die Geschichtswissenschaft
hat mit der Aufarbeitung des Verhaltens der Bevölkerung in der
Zeit des Nationalsozialismus eine Grundlage geschaffen, die auch
für den Umgang mit der jüngsten deutschen Geschichte eine
Grundlage sein kann.
In dieser Arbeit soll das Verhalten der katholischen Jugend in
der Zeit des Nationalsozialismus dargestellt und analysiert
werden. Dabei müssen letztlich, wie bei jeder differenzierten
Analyse eines Sachverhaltes Gesichtspunkte theoretisch getrennt
werden, die in Wirklichkeit untrennbar zusammengehören.
Das Verhalten der katholischen Jugend im Dritten Reich hängt mit
verschiedenen Bereichen zusammen. Relevant sind das
gesellschaftliche Umfeld und die politischen Bedingungen, ebenso
wie die Bindung der Jugend an die Werte und Aussagen der Kirche.
Damit ist das Verhalten der Jugend als ein Aspekt des Verhältnisses
von Kirche und Staat zur Zeit des Nationalsozialismus zu sehen.
In einem ganz anderen Zusammenhang kann das Thema gesehen werden,
wenn man es als einen Aspekt des oppositionellen Verhaltens der
gesamten Jugend im Dritten Reich betrachtet. Diese Aspekte schließen
sich nicht aus und müssen beide beachtet werden, will man dem
Verhalten der katholischen Jugendlichen gerecht werden.
In der vorliegenden Arbeit führen die zwei einleitenden
Kapitel in die Voraussetzung der späteren Situation der
Jugend ein. Erst von diesen Gmndlagen aus kann die Problematik
des Themas richtig eingeordnet werden.
Kapitel I führt ein in die
Situation, in der sich die katholische Jugend zu Beginn des
Dritten Reiches befand. Dabei wird der Aufbruch der Jugend in der
Jugendbewegung als Grundlage für das Aufbrechen alter Strukturen
in der katholischen Jugendarbeit aufgezeigt. Dieses Aufbrechen
war die Voraussetzung für ein neues Selbstbewußtsein der jungen
katholischen Laien in der katholischen Kirche dieser Zeit.
Kapitel II stellt diesem
Aufbruch den Anspruch eines totalitären Staates entgegen. Es
wird aufgezeigt wie nach und nach die Gleichschaltung der Jugend
im Sinne der Nationalsozialisten vollzogen wird. Ziel ist die
totale Erfassung der Jugend durch die Jugenddienstpflicht und die
Ausschaltung konkurrierender Sozialisationsbereichen.
In den beiden Hauptkapiteln soll die Situation und das
Verhalten der katholischen Jugend während dem Dritten Reich
unter verschiedenen Blickwinkeln dargestellen werden.
Kapitel III hat als Rahmen
die Verhandlungen um den Artikel 31 des Reichskonkordates und die
Auseinandersetzung um seine Auslegung und Durchführung.
Innerhalb dieses Rahmens sind die Benachteiligung der
katholischen Jugend und die Standfestigkeit der Jugend
angesiedelt. Dies Phase der Auseinandersetzung endet mit dem
offenen Bruch der Schutzgarantien des Konkordates durch das
Gesetz über die Hitlerjugend.
Kapitel IV stellt die veränderte
Ausgangslage aufgrund des erzwungenen Rückzugs in die
Pfarrseelsorge dar. Dabei wird zum einen die Reaktion im Rahmen
der vorgegebenen Richtlinien aufgezeigt. Es werden zum anderen
aber auch die verschieden Bereiche angesprochen, in denen die
staatlichen Vorgaben von den Jugendlichen eindeutig übertreten
werden. Diese Aktionen münden schließlich in den schwer faßbaren
Bereich des aktiven Widerstandes, der von Jugendlichen geleistet
wurde.
Kapitel V versucht eine knappe Deutung des Resultates von Kapitel III und IV auf der Grundlage der Diskussion, die der Widerstandsbegriff in der Politik- und Geschichtswissenschaft erfahren hat.
Der Praxisteil in Kapitel VI ordnet das erarbeitete Resultat ein in die Religionspädagogik und versucht aufzuzeigen, auf welchen Ebenen der Sachverhalt einen Bezug zum Leben des Schülers aufweist und damit für den schulischen Religionsunterricht fruchtbar gemacht werden kann.
Die Arbeit wurde erstmals abgefaßt im Rahmen des Studiums an der Fakultät für Religionspädagogik (FHSt) an der Katholischen Universität Eichstätt und wurde dort als Diplomarbeit im Fach Kirchengeschichte bei Prof. Wehrl eingereicht. Die Beispiele, die das geschilderte Verhalten der Jugendlichen verdeutlichen sollen, sind deshalb vorwiegend aus dem fränkischen und bayrischen Raum genommen. Wo es möglich war wurden Vorkommnisse aus Eichstädt selbst als Illustration ausgewählt.
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